Ein Leben auf der Achterbahn.

Kategorie: Psychiatrie

Suizidgedanken

*Triggerwarnung*

Eine Bemerkung vorweg. Ich schreibe heute über ein heikles Thema. Wenn du momentan Mühe mit Suizidgedanken hast oder dich das Thema sonst triggern kann, dann lies bitte nicht weiter. Hilfe erhältst du zum Beispiel beim Notfallpsychiater in deiner Region oder bei der Dargebotenen Hand, Telefonnummer 143 (Schweiz). Im Notfall melde dich beim (Polizei-)Notruf (International 112).

Wenn alles zu viel wird. Wenn man genug von allem hat. Wenn man keinen Sinn mehr sieht, kein Licht am Ende des Tunnels… Sie können leider dazugehören, zu Depressionen und bipolaren Störungen: Suizidgedanken. Ich kenne das nur zu gut. Ich war schon mehr als einmal kurz davor, mir etwas anzutun.

Was ich aber über die Jahre gelernt habe ist, dass man sich auch im tiefsten Loch noch Hilfe holen kann. Das kann unglaublich viel Kraft kosten, ja fast unmöglich scheinen. Aber irgendwie geht es. Und es lohnt sich, auch wenn es nicht so scheint.

Ich möchte dich ermutigen: Sprich mit jemandem über deine Not. Hol dir professionelle Hilfe. Es kann sein, dass es sinnvoll ist, wenn du in eine Klinik gehst, um dich zu schützen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass mir gerade in der Psychiatrie gut geholfen wurde. Vor allem dann, wenn meine Suizidgedanken mit einem grossen Handlungsdruck einhergingen.

Ich kann dir keine professionelle Abhandlung über Suizidgedanken anbieten. Ich kann hier nur meine Erfahrung teilen. Aber bei mir war es immer so, dass es irgendwo noch ein kleines, kleines Fünkchen Kraft in mir gab. Ich musste mich jeweils nur unheimlich überwinden, diese Kraft zu aktivieren und mir Hilfe zu holen. Tu das auch! Heute bin ich froh, dass ich meine Gedanken jeweils jemandem anvertraut habe.

Wieder Zuhause

Die letzten anderthalb Jahre verbrachte ich zu einem grossen Teil in der Klinik. Wegen der EKT, weil ich sehr viele Medikamente nehmen musste und da ich mich psychisch in Ausnahmesituationen befand, kann ich mich an viele Dinge nicht mehr erinnern. Im Nachhinein ist das für mich eine dunkle Zeit.

In dieser Phase lebte ich sozusagen für mich allein. Ich war abgeschieden in verschiedenen Kliniken, wurde dort umsorgt und konnte mich nur um mich und meine eigenen Probleme kümmern. Auf der anderen Seite waren meine Frau und mein Sohn allein zuhause. Sie mussten den Alltag ohne mich gestalten. Trotz regelmässigen Telefonaten und Besuchen, gewöhnten wir uns an ein Leben getrennt voneinander.

Jetzt bin ich wieder daheim und wir müssen uns alle neu darauf einstellen. Mein Sohn hat meine Frau gefragt, ob ich denn jetzt wieder definitiv hier wohne. Für ihn ist das nicht mehr normal. Ich muss mich ausserdem wieder daran gewöhnen, meinen Teil im Haushalt zu übernehmen, bereits die kleinsten Aufgaben sind für mich ungewohnt. Ich muss auch den Rhythmus im Zusammenleben wieder finden. Dies beginnt schon bei der Kommunikation. Meine Frau, mein Sohn und auch ich brauchen dabei viel Geduld miteinander.

Neben den normalen Herausforderungen des Familienlebens, muss ich noch mit meinen Stimmungsschwankungen klarkommen. Die sind nicht einfach ganz weg. Zum Glück konnte mich gestern meine Frau zur Psychiaterin begleiten. Dort konnten wir Lösungen finden, um diesen Prozess zu unterstützen.

Trotz allem freuen wir uns, wieder einen gemeinsamen Alltag als Familie zu haben. Ich konnte schon einige schwierige Situationen überwinden, bei denen ich im letzten Jahr noch in der Klinik gelandet wäre. Und ich halte mich an die Worte meines Sohns: «Papi, es ist schön, dass du wieder da bist!» Sie geben mir Kraft und ich bin dankbar, dass ein neuer Lebensabschnitt begonnen hat.

Zwangsmassnahmen

Als Polizist erlebte ich es oft. Eine psychisch angeschlagene Person wurde von einem Arzt in eine Klinik eingewiesen und wir mussten diese Einweisung dann durchsetzen. Das heisst, wir mussten wenn nötig Gewalt anwenden. In der Psychiatrie gibt es Zwang. Ich weiss nicht, wie sehr sich die Öffentlichkeit dessen bewusst ist.

Zwangsmassnahmen in der Psychiatrie sind meiner Meinung nach ein sehr heikles Thema. Man nimmt jemandem die Freiheit weg, obwohl er (noch) nichts falsch gemacht hat. Gründe für solche Massnahmen sind einerseits Selbst- und andererseits Fremdgefährdung.

Ich selbst wurde schon mehrfach unfreiwillig in die Psychiatrie eingewiesen. Dies geschieht per sogenannter fürsorgerischer Unterbringung (FU). Ausserdem wurde ich auch schon einige Male in ein Isolierzimmer gesperrt. Ich habe mich jeweils nicht gewehrt, da ich mir bewusst war, dass dann ein riesiges Aufgebot von Pfleger:innen oder sogar der Polizei kommen würde. Aber nur weil ich die Massnahmen «friedlich» über mich ergehen liess, heisst dies nicht, dass ich auch damit einverstanden war.

Es ist schwierig zu beschreiben, wie sich solche Zwangsmassnahmen anfühlen. Ich fühlte mich jeweils hilflos, dem System ausgeliefert. Im Nachhinein muss ich aber sagen, dass die Massnahmen bei mir meistens verhältnismässig waren. Aber nicht immer! Diese ungerechtfertigten Fälle klingen noch lange nach. Vielleicht kann man sagen, dass sie fast traumatisierend sind. Diese Fremdbestimmung zu verarbeiten, fiel mir manchmal schwer.

Wird in der Psychiatrie zu viel Zwang angewendet? Sind die Ärzte zu voreilig beim Anordnen solcher Massnahmen, nur um sich selbst abzusichern? Was denkst du? Hinterlasse doch einen Kommentar.

Seite 2 von 2

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén