Ein Leben auf der Achterbahn.

Schlagwort: Polizei

Verfolgungswahn

Normalerweise trage ich ja immer meine Umhängetasche mit mir herum. Da drin habe ich einen Beutel mit all meinen kleinen Hilfsmitteln, die mir helfen, mich selbst zu regulieren. Ausserdem sind da auch Reservemedikamente für den Notfall drin.

Heute ging ich mit meiner Frau und meinem Sohn nach Zürich. Da es mir so weit in Ordnung ging, entschied ich mich, meine Tasche nicht mitzunehmen. Ein Fehler, wie sich herausstellen sollte.

Am Bahnhof sah ich eine Polizistin in Zivil, die ich vom Sehen her kannte. Das löste etwas in mir aus. Innert einer halben Stunde entwickelte ich einen starken Verfolgungswahn. Das habe ich manchmal, wenn es bei mir in Richtung Manie geht. Ich hatte das Gefühl, dass überall verdeckte Polizisten standen, die mich beobachteten.

Wir mussten dann möglichst schnell zurück mit dem Zug, damit ich meine Medikamente nehmen konnte. Diese verhindern, dass sich der Zustand zu einer voll ausgewachsenen Manie entwickelt.

Jetzt sitze ich hier und hoffe, dass die Wirkung der Medikamente bald eintritt. Ich habe das Gefühl, dass in unserer Wohnung Kameras und Mikrofone versteckt sind. Ausserdem rechne ich jeden Augenblick damit, dass die Sondereinheit unsere Wohnung stürmt. Tönt vielleicht skurril, fühlt sich aber für mich total realistisch an.

Hoffentlich geben euch diese Zeilen einen kleinen Einblick in einen psychischen Ausnahmezustand, wie ich ihn immer mal wieder erlebe. Ich wünsche euch ein schönes Wochenende.

Zwangsmassnahmen

Als Polizist erlebte ich es oft. Eine psychisch angeschlagene Person wurde von einem Arzt in eine Klinik eingewiesen und wir mussten diese Einweisung dann durchsetzen. Das heisst, wir mussten wenn nötig Gewalt anwenden. In der Psychiatrie gibt es Zwang. Ich weiss nicht, wie sehr sich die Öffentlichkeit dessen bewusst ist.

Zwangsmassnahmen in der Psychiatrie sind meiner Meinung nach ein sehr heikles Thema. Man nimmt jemandem die Freiheit weg, obwohl er (noch) nichts falsch gemacht hat. Gründe für solche Massnahmen sind einerseits Selbst- und andererseits Fremdgefährdung.

Ich selbst wurde schon mehrfach unfreiwillig in die Psychiatrie eingewiesen. Dies geschieht per sogenannter fürsorgerischer Unterbringung (FU). Ausserdem wurde ich auch schon einige Male in ein Isolierzimmer gesperrt. Ich habe mich jeweils nicht gewehrt, da ich mir bewusst war, dass dann ein riesiges Aufgebot von Pfleger:innen oder sogar der Polizei kommen würde. Aber nur weil ich die Massnahmen «friedlich» über mich ergehen liess, heisst dies nicht, dass ich auch damit einverstanden war.

Es ist schwierig zu beschreiben, wie sich solche Zwangsmassnahmen anfühlen. Ich fühlte mich jeweils hilflos, dem System ausgeliefert. Im Nachhinein muss ich aber sagen, dass die Massnahmen bei mir meistens verhältnismässig waren. Aber nicht immer! Diese ungerechtfertigten Fälle klingen noch lange nach. Vielleicht kann man sagen, dass sie fast traumatisierend sind. Diese Fremdbestimmung zu verarbeiten, fiel mir manchmal schwer.

Wird in der Psychiatrie zu viel Zwang angewendet? Sind die Ärzte zu voreilig beim Anordnen solcher Massnahmen, nur um sich selbst abzusichern? Was denkst du? Hinterlasse doch einen Kommentar.

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