Ein Leben auf der Achterbahn.

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Schnuppern und Ferien

Ich denke man kann mit gutem Recht sagen, dass ich turbulente Wochen hinter mir habe. Zuerst kam Corona. Nachdem wir lange vom Virus verschont geblieben waren, suchte auch uns die Pandemie heim. Dies verhinderte, dass ich wie geplant schnuppern gehen konnte. Nachdem ich die Krankheit ausgestanden hatte, ging es dann ans Probearbeiten. Doch da spielte mir dann ab dem zweiten Tag meine Psyche wiedermal einen Streich. Ich musste das Schnuppern abbrechen. Doch aufgeschoben ist zum Glück nicht aufgehoben. So wie es aussieht, kann ich die fehlenden Tage bald nacholen.

Und dann kam der lange erwartete Urlaub in Italien. Die Zugreise nach Venedig verlief noch ganz in Ordnung. Als wir jedoch in der Stadt das Schiff in Richtung Markusplatz besteigen wollten, hatte ich in der wartenden Menschenmenge eine Panikattacke. Fluchtartig verliess ich den Wartebereich. Wir entschieden uns dann, den Weg mit dem ganzen Gepäck zu Fuss zu gehen. Eine Stadtbesichtigung, die ich mir eigentlich anderst vorgestellt hätte…

Die ersten Tage auf dem Zeltplatz waren dann wunderschön. Ich genoss die Zeit mit meiner Familie und meinen Schwiegereltern. Leider hielt der Frieden nicht für lange. Meine Stimmung wurde plötzlich depressiver und ich begann, Monster zu sehen, die mich heimsuchen wollten. In einer Blitzaktion holten mich mein Vater und mein Bruder mit dem Auto zurück in die Schweiz. Dadurch wollte ich verhindern, dass ich in Italien notfallmässig in eine Klinik eingewiesen würde.

Jetzt sitze ich hier im Regen und warte darauf, dass meine Familie nach Hause kommt. Es frustriert mich, dass meine Krankheit immer noch einen solchen Einfluss auf mein Leben hat. Obwohl doch schon Vieles besser gelingt als im letzten Jahr. Viele Stimmungsschwankungen kann ich abfangen, die mich vor kurzer Zeit noch völlig aus der Bahn geworfen hätten. Gespannt erwarte ich also, wie sich alles in den nächsten Tagen entwickeln wird. Ich werde mich wieder melden.

Nervöser Tag

Morgen gehe ich wieder schnuppern. Und das macht mich nervös. Objektiv gesehen gibt es keinen Grund, weshalb mich das komplett aus der Bahn werfen und blockieren sollte. Meine Emotionen, meine Stimmung und mein Antrieb scheinen dies aber nicht zu wissen. Alle Voraussetzungen für einen schrecklichen Tag waren heute also gegeben.

Trotzdem habe ich es geschafft:

  • aufzustehen
  • zu duschen und die Zähne zu putzen
  • in einem Buch zu lesen
  • Zeitung zu lesen
  • das Bad zu putzen
  • den Abwasch zu machen
  • mit meiner Frau und meinem Sohn spazieren zu gehen
  • meinem Sohn aus einem Heft vorzulesen

Ich gebe es zu, zwischendrin lag ich auch im Bett und suhlte mich in meinem Elend. Aber im Grossen und Ganzen habe ich den Tag recht erfolgreich gemeistert. Noch vor einiger Zeit hätte ich einen heiklen Tag nicht so gut hinter mich gebracht.

Jetzt bin ich mal gespannt, wie das Schnuppern wird. Ich werde euch auf dem Laufenden halten. Bis dahin wünsche ich einen schönen Abend und einen guten Start in die Woche.

Gedicht

Nachdem ich gerade aus einer depressiven Phase komme, hier noch ein Gedicht, das ich vor einigen Jahren geschrieben habe:

Mein Leben liegt in Trümmern da,
grad wie nach einem Kriege.
Die Welt, die dreht sich fort und fort,
während ich verwundet liege.

Weit weg und doch so nah seh ich,
wie Menschen bei mir stehen.
Sie kümmern sich und können doch
mein Trümmerfeld nicht sehen.

Es lacht mich aus der Sensemann
und will mich zu sich rufen:
"Komm herab zu mir mein Sohn,
es sind nicht viele Stufen."

Mein Leben liegt in Trümmern da,
ich kann es selbst nicht ändern.
Ich hoff auf Gott, dass er mich trägt
mit unsichtbaren Bändern.

(Zürich, 2015)

Klinik und Schnuppern

Ich habe mich nun schon einige Tage nicht mehr gemeldet. Das liegt daran, dass es mir sehr schlecht ging. Zusammen mit meiner Psychiaterin habe ich mich entschieden, zur Krisenintervention in die Klinik zu gehen.

Mittlerweile geht es mir wieder besser. Ich konnte gestern morgen schon wieder aus der Klinik austreten. Glücklicherweise war es diesmal ein verhältnismässig kurzer Klinikaufenthalt. Trotzdem ist es für mich frustrierend. Ich hatte eigentlich gehofft, diesmal für längere Zeit Zuhause sein zu können. Und nun musste ich schon wieder weg. Irgendwie hinterlässt dies bei mir ein bisschen das Gefühl, versagt zu haben. Auch wenn ich weiss, dass es völlig legitim ist, sich in der Klinik Hilfe zu holen.

Auslöser der jetzigen Krise war wahrscheinlich, dass das Schnuppern für meine geschützte Arbeitsstelle angestanden ist. Dies löste einen enormen Stress bei mir aus. Der Stress führte dann zu einer schwer depressiven Stimmungslage.

Zum Glück konnte ich von der Klinik aus zum Probearbeiten gehen. Die Stimmung am Arbeitsplatz hat mir sehr gut gefallen. Die Leute waren supernett. Was aber nicht so gepasst hat, war die Arbeit selbst. Man musste so genau und konzentriert arbeiten, dass ich davon ganz angespannt wurde. Wir haben uns dann gemeinsam dafür entschieden, dass ich die Stelle nicht antrete. Mir wurde aber angeboten, dass ich im gleichen Betrieb im Mitarbeitercafé schnuppern kann. Darauf freue ich mich sehr!

So, das wäre ein kurzes Update von meiner Seite. Ich hoffe ich kann mich in nächster Zeit wieder regelmässiger melden.

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